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Christian Kern
Bundeskanzler a.D.
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Stadt
Wien
„Voraussetzungen dafür schaffen, damit unsere Jugend und alle Menschen in unserem Land ihre Lebensträume verwirklichen können.“ ist die Hauptaufgabe von Christian Kern, Bundeskanzler der Republik Österreich und Parteivorsitzender der SPÖ. Sein Tag hat üblicherweise 10 bis 14 Termine, dazwischen ist auch viel Papierkram zu erledigen. „Und ich vertrete Österreich im Kreise der Staats- und Regierungschefs, das heißt wir sind auch sehr oft im Ausland und diskutieren auf europäischer Ebene.“

Transkript

Drei Ratschläge an Dein 14jähriges Ich!

Ich bin der Meinung, dass es wichtig ist, dass man Leidenschaft hat, für das, was man tut. Du musst das finden, was du liebst und zu deinem Ding machen. Neugierde - ganz wichtig - also die Welt ist so vielfältig, es gibt so viele interessante Dinge, selbst in Ecken, wo man es gar nicht vielleicht vermutet. Und der dritte Rat ist - und das glaube ich immer noch - ich hab mal als 14-jähriger gesagt, lerne Gitarre spielen, das kommt echt gut an am Lagerfeuer, also die Mädels mögen das, kann ich sagen aus meiner Erinnerung. Ich komme jetzt nur leider in die Altersgruppe hinein, wo man sagen würde, Klavierspielen ist auch nicht schlecht In meiner Altersgruppe, also meine Frau zum Beispiel lässt sich sehr beeindrucken durch gepflegtes Klavierspielen. Blöderweise kann ich weder das eine noch das andere! Ich kompensiere es durch sonst gutes Benehmen.

Was steht auf Deiner Visitenkarte?

Also ich habe Visitenkarten, die ich aber gerade nicht finde, weil ich sehr leicht zu finden bin über Twitter, Facebook - meine Adresse ist bekannt. Wenn ich welche hätte, würde wahrscheinlich Bundeskanzler der Republik Österreich drauf stehen und da gibt es eine zweite Visitenkarte, auf der steht Parteivorsitzender der SPÖ.

Was ist das coolste an Deinem Job?

Das großartige ist, dass du die Chance hast, das Leben der Menschen zu verändern, es besser zu machen, das ist das, was mich seit meiner frühen Jugend eigentlich getrieben hat- Einen Beitrag zu leisten, damit Menschen Chancen bekommen auf ein gutes, auf ein geglücktes Leben und zwar völlig unabhängig davon, wo sie geboren sind, welche Vornamen sie haben. Das ist, wenn man so will, die Essenz von dem, was ich überzeugt bin, dass es darum geht, Menschen Chancen zu eröffnen und zu helfen, dass es in der Welt gerechter zugeht als es heute der Fall ist.

Welche Einschränkungen bringt Dein Job mit sich?

Also die schlimmste Einschränkung ist, ich gehe gerne auf Konzerte also nicht nur Oper, wo schön gesungen wird, sondern auf Pop und Rockkonzerte und da gehört es natürlich dazu, dass man vor der Bühne steht und Spaß hat und das ist ein bisschen schwieriger geworden weil du meistens mit Security umringt bist die aufpassen, dass nichts passiert und das ist ein bisschen eine Spaßbremse. Sind zwar coole Typen, die Cobraleute, wirklich coole Typen - ich mag die wirklich gerne, aber gemeinsam mit denen vor der Rockbühne sich über ein Placebo Konzert zu freuen, das verdirbt dir dann den Spaß. Und es war eine bittere Niederlage, ich hab schon die Tickets gehabt für Placebo, musste die dann zurückgeben.

Worum geht es in Deinem Job?

Also wir leben in einer Welt voller Veränderungen, alles geht so schnell wie wahrscheinlich überhaupt noch nie zuvor und diese Veränderungen bringen riesige Chancen für uns. Das ist meine Überzeugung, dass wir in einer Welt voller toller Chancen leben nur, diese Chancen fallen einem nicht in den Schoß, damit man Erfolg hat, damit etwas daraus wird, was man gerne hätte, muss man etwas tun. Und was meine Aufgabe ist, ist, dafür die Voraussetzungen zu schaffen, damit unsere Jugend und alle Menschen in unserem Land ihre Lebensträume verwirklichen können. Indem es in unserer Wirtschaft die Chance gibt, gute Einkommen zu bekommen, gute Arbeitsplätze dafür sorgen wir, das ist uns am wichtigsten. Wir sorgen auch dafür, dass sich unsere Bildungseinrichtungen verbessern. Die Schulen, die Lehrausbildung, die Universitäten, die Fachhochschulen - extrem wichtig! Und ich habe dafür zu sorgen, dass die, die nicht mitkommen, weil sie vielleicht schwächer sind, weil es ein Problem gibt, weil sie vielleicht nicht gesund sind, in unserem Land nicht vergessen werden. Dass wir verstehen, dass wir nur gemeinsam stark sind. Da muss man auch viel reden, erklären, was wir tun. Und dann ist mir auch ganz wichtig, dass wir in Österreich Projekte realisieren die faszinierend sind und die die Welt verändern. Ich möchte, dass die Menschen, die heute bei uns eine Ausbildung bekommen die Chance haben, an Dingen mitzuarbeiten wo sie sagen "Hey cool, das rockt!" Und das ist etwas, wo ich mich persönlich wiederfinden kann. Das wollen wir nach Österreich bringen - egal ob es Wirtschaft ist, gesellschaftliche Fragen, ob es um die Gemeinschaft geht - das ist das Ziel. Und hier jeden Tag Beiträge zu leisten, damit Menschen Chancen bekommen, das ist die Aufgabe des Bundeskanzlers. Und daneben jede Menge Verwaltungskram. Also so ein Tag hat üblicherweise irgendwas zwischen 10 und 14 Terminen. Die Woche ist auch geprägt durch einige Fixpunkte, es gibt den Ministerrat, also die Sitzung, wo sich die Regierung trifft, wo Beschlüsse gefasst werden, wo diskutiert wird. Die Vorbereitung dieser Sitzungen ist natürlich sehr, sehr aufwändig. Es gibt regelmäßig natürlich Auftritte und Termine im Parlament, die Zusammenarbeit da ist natürlich auch ein wichtiger Punkt. Und was dazukommt, ist ich vertrete Österreich im Rat der Staats- und Regierungschefs, das heißt, wir sind auch sehr oft im Ausland, diskutieren dann auf europäischer Ebene - was müssen wir tun, um die Welt weiterzubringen, Europa weiterbringen, unser Land weiterbringen. Was ich auch versuche, ist natürlich sehr, sehr viele Menschen zu treffen, ihnen zuzuhören, mir ihre Geschichten anzuhören, mir anzuhören, was sie von mir erwarten, das sind ganz normale Leute, Polizisten, Leute, die ich auf der Straße treffe, im Gasthaus treffe. Das sind manchmal Wirtschaftskapitäne, Hochschulprofessoren... Die Welt ist so vielfältig und es ist so viel möglich, aufzunehmen und für unsere politischen Arbeiten dann auch zu nützen. Ja und das geht halt so die Woche dahin. Am Wochenende ist dann meistens ein halber Tag zumindest Ruhe - es geht auch viel Zeit drauf, zu lesen, zu verstehen und ja, insofern ist das eine gut gefüllte Zeit. Viel Zeit für den Fußballplatz ist nicht mehr drinnen.

Wie sieht Dein Werdegang aus?

Bei mir war es so, ich bin in die Volksschule gegangen in Simmering. Mein Vater war Elektriker, meine Mutter Sekretärin. Meiner Mutter war es unglaublich wichtig, dass ich gut lerne, was nicht immer mein Hauptanliegen gewesen ist, aber die Mama hat dafür gesorgt, dass es passiert und dann war ich irgendwie so ein leidlich brauchbarer Schüler. Bin dann aus der Volksschule ins Gymnasium gekommen, aus dem Gymnasium dann auf die Universität, da habe ich lange überlegt, was ich studieren soll. Eigentlich wollte ich etwas studieren, das mir dabei hilft, die Welt zu verbessern, das waren damals meine Ideen. Hab dann zu studieren begonnen und relativ bald einen Sohn bekommen und nebenbei dann gearbeitet und abgeschlossen habe ich dann ein Studium der Kommunikationswissenschaften, habe aber eine Reihe von anderen Dingen auch inskribiert - Volkswirtschaft, Politikwissenschaft, Philosophie. Ich war Chefredakteur eines Studentenmagazins und bei einem Interview hat mich dann ein legendärer Journalist, Robert Hochner, gefragt, ob ich nicht zu seiner Zeitung kommen möchte, der war kurz bei einer Zeitung, war eigentlich Fernsehjournalist, eine Legende, sozusagen der Armin Wolf der 80er Jahre, das war ganz lustig, weil ich dann einen Freund angerufen habe, und gesagt hab, "Du, ich hab dieses tolle Jobangebot und ich kann in die Sportredaktion dieser Zeitung beginnen". War total fasziniert, weil ich mir nichts Cooleres vorstellen konnte, als jeden Samstag am Fußballplatz abhängen oder bei der Tour de France. Der Freund hat dann gesagt "na bist du verrückt, wenn du was Tolles machen willst, komm doch zu uns", das war eine Zeitungsredaktion, eine Nachrichtenagentur eigentlich, die sich mit Wirtschaft beschäftigt hat. Und so habe ich die Faszination des Themas Wirtschaft verstanden. Das war auch ein wirklich prägender Zufall, mein ganzes Leben wäre anders gelaufen, wenn ich mich damals für die Sportredaktion entschieden hätte und gegen die Wirtschaft. So kam das dann, bei meinem zweiten Job war ich dann bei einem großen Wirtschaftsmagazin und eines Tages hat dann der Staatssekretär des Bundeskanzleramtes angerufen am ersten Mai, was für uns Sozialdemokraten natürlich ein gutes Datum ist. Der hatte auch selbst Geburtstag und hat gefragt, ob ich für ihn als Pressesprecher arbeiten möchte. Ich hab das dann lange überlegt, hab dann zugesagt und war dann fünf, sechs Jahre lang im Bundeskanzleramt und im Parlament als Pressesprecher. Hab dann irgendwann gefunden, man muss eigentlich aus der Politik auch mal raus und sehen, wie die Welt außerhalb der Politik läuft und war dann zwanzig Jahre lang in Unternehmen. Hab als siebter Zwerg von links begonnen, als Vorstandsassistent, hab mich dann über die Hierarchie die Jahre hochgearbeitet und war dann im Vorstand des größten Energieunternehmens in Österreich und bin dann von dort Vorstandsvorsitzender der ÖBB geworden und die Eisenbahn war mir ja nicht in die Wiege gelegt, ich war ja so der Carrera-Autobahntyp und nicht der, der mit der Merklin-Eisenbahn experimentiert hat, aber die Eisenbahn ist zu meiner großen Leidenschaft geworden. Hab sehr, sehr viel gelernt dort, vor allem auch Demut und dass du selbst als Nummer 1 in so einem großen Unternehmen nur dann Erfolg haben kannst, wenn alle an einem Strang ziehen und alle ein gemeinsames Ziel verfolgen. Und dann bin ich gefragt worden, ob ich in die Politik möchte und die Aufgabe des Bundeskanzlers übernehme. Aber das ist jetzt eine ganz andere Geschichte.

Ginge es auch ohne Deinem Werdegang?

Also ich bin ja ein völlig untypischer Politiker, wenn man so will, und möchte auch nicht ewig in der Politik bleiben. Ich habe gesagt zehn Jahre, weil ich auch glaube, dass es gut ist, wenn man danach etwas anderes macht. Es ist wichtig, dass sich Menschen für unsere Demokratie, für unsere Gesellschaft engagieren aber es ist genauso gut, dass man gesehen hat, was für Sorgen, Probleme, Nöte oder spannende Aufgaben es ganz woanders gibt und insofern war das ganz untypisch, weil normalerweise sind Politiker lange Politiker und dann werden sie halt Bundeskanzler. Und bei mir war es das, was man ein Quereinsteigen nennt. Ich denke, das ist eine gute Vorbereitung, weil du siehst die Dinge anders hast weniger Freude an den politischen Ritualen, also dieses "ich hau auf den anderen drauf und schau, dass ich besser in der Zeitung wegkomme", das interessiert mich am allerwenigsten. Du willst etwas gestalten und wenn du so ein großes Unternehmen geführt hast dann weißt du, dass das mühsame Arbeit ist. Jeden Tag ein bisschen besser werden, jeden Tag einen kleinen Schritt machen und aus diesen vielen kleinen Schritten wird dann irgendwann ein großes Ergebnis wenn du es richtig machst. Das hab ich vorher gelernt und das versuche ich jetzt so umzusetzen. Also ich denke, du musst Leidenschaft haben und überzeugt sein von dem, was du da tust. Wenn du das nur tust, weil das gutes Image bringt und ein großes Büro, also dann glaube ich, solltest du dir eine andere Beschäftigung suchen. Du brauchst Geduld, du brauchst Langmut. Du brauchst manchmal auch die Fähigkeit, zu sagen Ich rege mich jetzt ganz bewusst über manche Dinge nicht auf, ich nehme sie zur Kenntnis, weil selbst als Bundeskanzler kannst du nicht alles ändern, auch wenn du das gerne würdest. Und das ist wahrscheinlich eine gute Mischung. Du musst motiviert sein, du brauchst das Feuer für die Aufgabe und du brauchst auch die Akzeptanz, dass du halt nicht alleine auf dieser Welt bist und vor dem Hintergrund eben viele brauchst, die in eine Richtung ziehen. und es ist nicht immer ganz leicht, alle so zu motivieren. Manchmal gibt es auch welche, die ganz bewusst zwar am selben Strang ziehen, aber in die andere Richtung.