Warum wir uns in Zukunft nur noch mit Videos bewerben werden
Mark Zuckerberg hat letztes Jahr auf dem Mobile World Congress in Barcelona folgendes gesagt:
“Soon, the majority of content we consume, will be video!”
Laut einer Cisco Studie werden in den kommenden Jahren Videos 80% des Internet Traffics ausmachen. Wenn man sich YouTube ansieht, so realisiert man schnell, dass dieser Weg der einzig logische ist. YouTube ist seit mehreren Jahren nach Google die zweitgrößte Suchmaschine der Welt.
Video – der nächste unumgängliche Schritt im Recruiting
Warum sollte es also in der HR nicht auch diesen Trend geben. Ehrlich gesagt, ist es ja kein Trend mehr. Seit mehreren Jahren setzen Unternehmen vermehrt auf Video Content, um sich selbst als Arbeitgeber zu präsentieren, Berufsbilder aufzuzeigen und dadurch passende Bewerber zu erreichen.
Dennoch erreichen Videobewerbungen, laut einer Umfrage, die whatchado im April unter 200 Unternehmen im deutschsprachigen Raum durchgeführt hat, kaum die HR Abteilungen. 93% der Befragten haben gesagt, dass sie keine Videobewerbungen einsetzen bzw. erhalten. Jedoch – und das macht das Ganze wiederum extrem spannend – sind 86% der befragten Unternehmen offen für diese Art der Bewerbung.
Und deshalb haben Robindro Ullah, HR Guru aus Leidenschaft, und ich, Ende letzten Jahres entschieden, dass wir ein Buch zu genau diesem Thema verfassen wollen: Bewerben mit Videos und Videochat
Da es wenig Literatur zu diesem Thema gibt, war es eine Herausforderung sowohl die Sicht der Bewerberzielgruppe als auch die der Unternehmen zu treffen. Nach einigen intensiven Monaten ist vor wenigen Tagen das Buch endlich erschienen.
Experten im Gespräch
Zu diesem Anlass habe ich Robindro eingeladen, mir ein Interview zu geben.
Jubin: „Robin, warum glaubst du, dass Videobewerbung funktioniert?”
Robindro fühlt sich beim Einzug des Videos in den Recruiting-Prozess an eine andere Umstellung erinnert:
„Ich denke das Szenario, welches wir hier vorliegen haben, ähnelt dem des Handys. Bereits Ende der 90er war klar, dass das mobile Endgerät die Welt revolutionieren wird. Lediglich die passende Infrastruktur war noch nicht vorhanden. D.h. sowohl die Leistungen der Geräte sowie der Mobilfunknetze konnten den theoretischen Mehrwert nicht voll zur Geltung bringen. Heutzutage mit plattformorientierten Geräten, LTE und hochauflösenden Displays und Kameras steht es außer Frage und zeigt sich auch in der Nutzung, dass Handys Dreh- und Angelpunkt der Digitalisierung sind. Übertragen wir dies auf die Videobewerbung, so ist hier ebenfalls seit Jahren bekannt, dass dieses Format den höchsten Mehrwert stiftet, gleich nach dem persönlichen Gespräch.“
„Skype Interviews sind schon längst Gang und Gebe und der Schritt zur Videobewerbung scheiterte bislang im Wesentlichen an der Infrastruktur.“
Skype Interviews sind schon längst Gang und Gebe und der Schritt zur Videobewerbung scheiterte bislang im Wesentlichen an der Infrastruktur. Dass das Format Video der schriftlichen Bewerbung um Längen voraus ist, muss man weder den Unternehmen noch den Bewerbern erklären. Während Unternehmen sich ein deutlich besseres Bild durch das Video machen können, haben Bewerber viel mehr Möglichkeiten sich selbst auszudrücken und laufen nicht Gefahr in das Schubladendenken eines Tools zu geraten. Nachdem wir nun einige Jahre die sehr unpersönliche Form der Bewerbung über Online-Formulare durchlebt haben, ist es Zeit, wieder den Menschen im Prozess zu sehen.
Jubin: „Welche Zielgruppen sollten sich davon überhaupt angesprochen fühlen?”
Das Video sieht Robindro ganz klar für alle potenziellen Kandidaten:
„Intuitiv würde man sicherlich vermuten, dass sich die jüngeren Zielgruppen angesprochen fühlen sollten. Dies sind etwa die Schüler, Studenten und durchaus auch noch die sogenannten Young Professionals. Vor dem Hintergrund der Selbstpräsentation, die über ein Video ausgezeichnet möglich ist, richtet sich die Videobewerbung heutzutage letztlich an jeden Bewerber. Kaum noch ein Bewerber auf dem heutigen Arbeitsmarkt hat nicht die Möglichkeit, zumindest ein Selfie-Video von sich zu drehen.“
„Darüber hinaus bietet der enge Arbeitsmarkt dem Bewerber den Hebel, selbst zu bestimmen, wie er oder sie sich bewirbt. Wenn Video das Medium der Wahl ist, dann ist dem so. Unternehmen müssen sich hiernach richten. Aus Perspektive der Bewerber ist zudem der Aspekt des Matchings nicht zu vernachlässigen. Auch der Bewerber ist daran interessiert, dass das Unternehmen ihn als Persönlichkeit kennenlernt, um zügig entscheiden zu können, ob das überhaupt kulturell passt. Kein Bewerber braucht endlos lange Bewerbungsprozesse, in denen sich Unternehmen nicht entscheiden können, ob jemand nun der oder die richtige ist oder nicht.“
Jubin: „Was kommt auf Unternehmen zu und sind Unternehmen überhaupt offen dafür?“
Auch der berühmte Cultural Fit würde laut Robindro durch Videobewerbungen besser überprüft werden können:
Auf Unternehmen kommt wieder die stärkere Individualisierung zu. Nachdem man jahrelang versucht hat sich in der Auswahl zunächst auf Hardskills zu konzentrieren, stellt man heute doch fest, dass es ohne den berühmten Cultural Fit nicht geht. Dieser wurde leider viel zu oft erst im letzten Auswahlschritt abgeprüft. Ein Show-Stopper im letzten Schritt? Wirtschaftlich gesehen ein Killer. Das kostet letztlich nur Geld. Aus diesem Grund kommen immer mehr Unternehmen, u.a. auch aus finanziellen Gründen, auf die Idee, den Cultural Fit gleich zu Beginn, mit abzuklopfen. Eine mögliche Variante ist hierbei eine Videobewerbung, die eben doch einen etwas anderen Eindruck vermittelt als das Online-Formular.
„Nachdem man jahrelang versucht hat sich in der Auswahl zunächst auf Hardskills zu konzentrieren, stellt man heute doch fest, dass es ohne den berühmten Cultural Fit nicht geht.“
Technisch müssen sich Unternehmen allerdings neu aufstellen, denn Videobewerbungen sind nicht ganz einfach im Handling. Neueste Algorithmen können ein Transkribieren in Echtzeit ermöglichen, aber in die Richtung muss man sein Bewerbermanagementsystem erstmal weiterentwickeln. Auch die Anhangsgrößen von anno dazumal (z.B. 5MB) sollten in der heutigen Glasfaserkabel-Welt überdacht werden.
Jubin: „Welche 3 Ratschläge gibst du den Lesern des Buches?”
Robindro:
1.) Videobewerbung alleine reicht nicht. Wie im Buch etwas ausführlicher dargestellt, gehört heutzutage eine kleine Bewerbungsstrategie dazu. Warum sollte ich in einem so schön berechenbaren Prozess etwas dem Zufall überlassen? Daher ist mein Tipp 1: Überlegt euch ein strategisches Vorgehen.
2.) Ganz gleich für welche Form von Video ihr euch entscheidet, denkt immer daran, dass ihr die Hauptrolle spielt. Jeglicher KlimBim, der von euch ablenkt, ist negativ. Das können Hintergrundgeräusche sein, oder aber auch zu viel Schmuck. So lange es noch kein Geruchs-Video gibt, braucht ihr euch ums Parfum Gottseidank keine Gedanken zu machen. In einem Face-2Face Interview kann aber auch ein zu aufdringliches Parfum von der eigenen Person ablenken.
3.) Strukturiert das, was ihr sagt, als würdet ihr einen Lebenslauf strukturieren. Ihr habt natürlich mehr Freiheiten im Video, aber letztlich muss euch idealer Weise eine Person auf Anhieb folgen können. Vergesst das nicht.
Zusammenfassend kann man sagen, dass Mark Zuckerberg nicht alleine mit dieser Meinung dasteht, dass das Thema Video all unsere Lebensbereiche und somit auch die der HR Abteilung erreichen wird und dafür sorgt, dass wir in gewissen Prozessen umdenken müssen. Im Vordergrund steht immer die Chance, die sich eröffnet und nicht die Hürden, die mit jeder Veränderung einhergehen.
Detailliertere Informationen zum Inhalt des Buchs und den Link, wo es erhältlich ist, finden Sie hier.