Leistungsgesellschaft 4.0
Als „Erben der Wirtschaftskrise“ sieht sich unsere Generation einer recht unwirtlichen Arbeitsumwelt ausgesetzt: sichere Karrierewege gibt es nicht mehr, der Wohlfahrtsstaat ist am Schwinden, die Wissensgesellschaft beschleunigt das tägliche Leben um ein Vielfaches und man findet sich oft in prekären Arbeitsverhältnissen wieder. Trotzdem haben es sich die Gen Y und Z wie kaum eine andere Generation zum Ziel gesetzt, das Beste aus ihrem Arbeitsleben zu machen.
Der Anspruch einer Generation
Unserer Generation eilt am Arbeitsmarkt ein Ruf voraus: Wir wollen nicht einfach nur arbeiten, sondern suchen Sinn in unserer Arbeit. Wir akzeptieren Hierarchien nur wenn wir sie nachvollziehen können. Wir wollen konstruktives Feedback und fordern es auch aktiv ein. Wir arbeiten gerne in motivierten Teams. Am allerwichtigsten ist uns unsere Autonomie: Wir wollen selbst über unsere Zeit bestimmen können - dazu zählt auch wann und wo wir arbeiten. Das sind hohe Ansprüche. Doch diese Ansprüche verändern nach und nach auch spürbar den Arbeitsmarkt. Die alten Hierarchien werden zunehmend abgebaut und die Arbeitszeiten werden immer flexibler.
Doch wir haben nicht nur hohe Ansprüche an unsere Arbeitgeber, sondern vor allem an uns selbst. Viel zu leisten ist uns ebenso selbstverständlich wie das lebenslange Lernen und die ständige Erreichbarkeit durch digitale Medien. Der immer öfter spürbare Leistungsdruck entsteht vor allem beim Vergleich mit anderen. Die Vergleichbarkeit der eigenen Leistung und des eigenen Werts ist etwas mit dem unsere Generation - dank Internet und Social Media - wie selbstverständlich aufwächst. Das Ergebnis ist, dass heute schneller und effizienter Leistung erbracht wird als kaum durch eine Generation zuvor. Einen Off-Button scheint es nicht mehr zu geben. Weder im Internet noch bei der eigenen Leistungsbereitschaft.
Work-Life-Blending und Bindungsunwilligkeit
Auf der letzten Tagung „Kultur und Wirtschaft“ an der Universität Innsbruck, die sich diesmal exklusiv den Generationen Y und Z widmete, war vor allem die veränderte Arbeitssituation Thema: das “Work-Life-Blending“ hat die alte Forderung nach „Work-Life-Balance“ abgelöst. Aufgrund der ständigen Erreichbarkeit im digitalen Zeitalter wird kaum noch zwischen Arbeitszeit und Freizeit differenziert. Das steigert natürlich auch die Ansprüche an den Arbeitsplatz. Was wiederum erklärt, warum wir häufiger den Arbeitgeber wechseln als die Generationen vor uns. Das Institut für Jugendkulturforschung attestiert uns diesbezüglich eine Abneigung sich festzulegen. „Diese Generation lebt mit und von der Multioptionalität“, heißt es. Die Bindungsunwilligkeit unserer Generation ist allerdings ein zweischneidiges Schwert: Sicherlich gibt es viele Millenials die sich ein Leben ohne ständig wechselnde Jobs und Möglichkeiten nicht mehr vorstellen können. Aber auch die Arbeitgeber nutzen die zahlreichen Optionen an jungen, billigen Arbeitskräften. Der Bindungsunwille beruht durchaus auf Gegenseitigkeit.
Wer heute in den Arbeitsmarkt einsteigt lebt daher im Spannungsverhältnis von maximaler Beschleunigung bei minimalen Zukunftsperspektiven. Viele Arbeitgeber scheinen sich mit den von ihnen gebotenen Entgelten geradezu unterbieten zu wollen - was uns junge Arbeitskräfte aber kaum abschreckt. Finanzielle Unsicherheit ist die neue Konstante im Arbeitsalltag geworden. Das kann in einer Gesellschaft die Leistung zwar erwartet aber nicht mehr entlohnen will, leicht in einen Teufelskreis führen: Viele steigen freiwillig in ein Hamsterrad, dessen Sinnhaftigkeit immer weniger hinterfragt wird.
Muss das so sein?
Die junge Generation reflektiert die Zeit in der sie lebt genauso wie sie sie vorfindet. Keine Lebenserfahrung bedeutet in dieser Hinsicht vor allem eines: keine vorgefertigte Meinung. Gerade darum ist die gesellschaftstheoretische Frage „Muss das so sein?“ eine die unserer Generation vorbehalten ist. Dass wir ständig hinterfragen ist uns oft vorgeworfen worden. Die Frage nach dem „Warum“ ist dabei so typisch für uns, dass sie sogar namensgebend für die Gen Y geworden ist. Diese Frage hat bereits zum Umdenken in der Arbeitswelt geführt. Sie noch öfter zu stellen könnte sich also lohnen.